Sind die Aufwände für die Terrasse bei einem Neubau als haushaltsnahe Handwerkerleistung nach § 35a Abs. 3 EStG anzusetzen? Es gibt eine neue Entwicklung.


Die Steuerermäßigung gilt nach dem Wortlaut der Vorschrift nur für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen „für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen“, welche im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Nach früherer Auffassung wurde unter Berücksichtigung der Grundsätze, die für die Abgrenzung von Erhaltungs- und Herstellungsaufwand gelten, geschlossen, dass nichts Neues – etwa der Ausbau eines Dachbodens zur Wohnung oder der Anbau einer Garage – geschaffen werden dürfte.

Haushaltsbegriff des BFH

Der BFH hat mit Urteil v. 13.07.2011 (VI R 61/10) entschieden, dass die sachliche Begrenzung der begünstigten Maßnahmen aus dem Tatbestandsmerkmal „im Haushalt“ zu bestimmen ist. Handwerkerleistungen sind demnach nur begünstigt, wenn sie im räumlichen Bereich eines vorhandenen Haushalts erbracht werden. Damit können im Grundsatz Handwerkerleistungen, die einen Neubau, betreffen, die Steuerermäßigung nicht begünstigen; im Gegensatz zu einem vorhandenen Haushalts bei dem die Maßnahmen allesamt begünstigt sind.

Stichtag ist der Fertigstellungszeitpunkt

Die Finanzverwaltung reagierte daraufhin und vertritt die Auffassung, dass zwar handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme nicht begünstigt; als Neubaumaßnahmen gelten aber nur alle Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung (vgl. H 7.4 EStH) anfallen (BMF-Schreiben v. 9.11.2016).

Ein Gebäude ist fertig gestellt, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und das Gebäude bezugsfertig ist. Bezugsfertig ist ein Gebäude, wenn es so weit errichtet ist, dass der Bezug zumutbar ist und nur noch unerhebliche Restarbeiten verbleiben (BFH, Urteil v. 11.3.1975,  VIII R 23/709). Ein Gebäude ist nicht fertig gestellt, wenn Türen, Böden und der Innenputz noch fehlen. Bezugsfertig erscheint ein Gebäude in diesem Zustand allemal – somit könnte es durchaus fertiggestellt sein!?

Wo ist die Abgrenzung und wie steht es um den Außenputz?

Der Verweis im BMF-Schreiben auf H 7.4 EStH führt somit also dazu, dass im Anschluss an die Fertigstellung (d.h. nach Bezugsfertigkeit) durchgeführte Arbeiten, wie z.B. die nachträgliche Errichtung eines Carports und letzte Maler- und Tapezierarbeiten begünstigungsfähig sein können.

Bemerkenswert vor diesem Hintergrund war die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg (Urteil v. 7.11.2017, 6 K 6199/16) in es die Auffassung vertreten hat, dass das unmittelbare Anbringen des Außenputzes nach Einzug nicht begünstigt ist.

Soweit die Leistungen aufgrund des Bauvertrags geschuldet worden seien, würden diese – unabhängig vom Zeitpunkt der Erbringung der Leistung – zu den Herstellungskosten des Bauwerks und damit nicht zu den begünstigten Aufwendungen gehören. Auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten bereits ein Haushalt bestanden hat, komme es nicht an, da die Arbeiten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Neubau, also „im Rahmen der Neubaumaßnahme“, erfolgt seien.

Auch FG versagt Steuerermäßigung

Auch das FG Berlin-Brandenburg ist zu der Auffassung gekommen, dass eine Begünstigung ausscheidet. Eine andere Auffassung wäre für die Finanzverwaltung auch ein kostspieliges Unterfangen. Eine Neubaumaßnahme werde nicht punktuell dadurch abgeschlossen, dass der Bauherr die Nutzung aufnimmt und dadurch einen Haushalt begründet. Eine Neubaumaßnahme könne insbesondere nicht dadurch beendet bzw. abgeschlossen werden, dass der Bauherr in einen Roh- bzw. teilfertigen Bau einzieht und einzelne Bauleistungen erst nach Nutzungsaufnahme vornimmt. Vielmehr sei in wertender Betrachtung zu prüfen, ob die jeweilige Maßnahme noch in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Neuerrichtung des Gebäudes steht oder nicht.

Im Urteilsfall gehörten die Putzarbeiten nach Auffassung des FG noch zur Neubaumaßnahme; denn bei den Arbeiten handele es sich um eine Teilleistung des Werkvertrags zur Errichtung des Einfamilienhauses. Die Leistung war im Bauvertrag vorgesehen, und deshalb erfolgte nur eine werkvertragliche Teilabnahme („außer Fassadenputz“). Es bestand nach Meinung des FG auch ein enger zeitlicher Zusammenhang, denn die Anbringung des Außenputzes erfolgte nur 3 Monate nach Teilabnahme und Einzug in das Gebäude. Hierbei handele es sich um übliche Zeitabstände, die auch vor dem Einzug entstehen können, bspw. witterungsbedingt oder durch Überauslastung der Bauunternehmen.

Selbiges gelte auch für Arbeiten rund um das Eigenheim wie Pflasterarbeiten der Einfahrt oder des Parkplatzes, die Errichtung einer Terrasse oder des Gartenzaus oder das Verlegen des Rasens. Soweit also noch keine neuen Erkenntnisse.

Beachtenswert und spannend zu beobachten bleibt die neueste Entwicklung.

Wie nicht anders zu erwarten war, wurde gegen die Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg (zunächst) Revision eingelegt (Az VI R 53/17). Mittlerweile wurden aber nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen im Revisionsverfahren die Kosten des gesamten Verfahrens der Behörde auferlegt. Das Urteil des FG ist gegenstandslos (BFH, Beschluss v. 5.7.2018, VI R 53/17, nicht dokumentiert). Der Erledigungserklärung ging ein Änderungsbescheid voraus, der dem Begehren der Kläger entsprach. Es lässt die Vermutung aufkommen, dass die Finanzverwaltung den Ausgang zu Gunsten der Klägerin ahnte und so der Thematik wenig Raum für Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit geben wollte.

Fazit:

Wir haben aktuell kein Urteil vorliegen, auf das wir uns beziehen können. Unverändert ist der Reiz eines Eigenheims in Deutschland ungebrochen groß und daher ist die Entwicklung durchaus mit Spannung zu beobachten.

Meines Erachtens ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung entsprechend ihrem Schreiben und dem Verweis auf den Fertigstellungszeitpunkt nach H 7.4 EStG die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen, die zwar Herstellungskosten sind aber nach der Fertigstellung des Haushaltes (regelmäßig nach dem Bezug) erbracht werden, begünstigen will. Sollte ihr Finanzamt eine Steuerermäßigung ablehnen empfehle ich gegen den Bescheid Einspruch mit Verweis auf die oben angeführten Entwicklungen und Argumente einzulegen. Weisen Sie dem Finanzamt glaubhaft die Fertigstellung des Gebäudes nach, am einfachsten mit der Meldebescheinigung, einer ordnungsgemäßen Rechnung des Umzugsunternehmens sowie Bildaufnahmen.